Ein Beitrag von Inga Jorek, Leitung QBZ Robinsbalje.

Als ich von Heike Worgulla gefragt wurde, ob ich nicht Lust hätte, kurzfristig einen Fachbeitrag für den nächsten Newsletter zu schreiben, vielleicht über das Thema Führung, stockte mir kurz der Atem als ich auf meine immer länger werdende to do-Liste schaute, meine knappen zeitlichen Ressourcen, insbesondere im Hinblick auf meinen anstehenden Kurzurlaub, Lust hatte ich aber schon…

Da schoss mir der Leitspruch in den Kopf, der mir von der Jahrestagung der Transferagenturen für Großstädte der Deutschen Kinder-und Jugendhilfe 2021 in Erinnerung geblieben ist: „Machen ist wie wollen. Nur krasser.“ Also entschied ich mich kurzer Hand, „was Krasses“ zu machen und mir die Zeit für ein so wichtiges Thema schlichtweg zu nehmen.

Eine Führungskultur umfasst immer das gesamte Kollektiv einer Organisation, aus unterschiedlichen Perspektiven je nach Funktion, aber jeder ist kulturbeteiligt. Organisationen sind soziale Systeme. Die Führungskultur nimmt für die Funktion und den Erfolg einer Organisation dabei eine tragende Rolle ein. Führung ist eine „… durch Interaktion vermittelte Ausrichtung des Handelns von Individuen und Gruppen auf die Verwirklichung vorgegebener Ziele; beinhaltet asymetrische soziale Beziehungen der Über-und Unterordnung.“ (Maier, 2022). Dem gegenüber steht die Intelligenz einer Organisation. Sie zeichnet sich nicht vordergründig durch explizites (also abrufbareres)  Wissen, sondern durch implizites Wissen ihrer Organisationsmitglieder aus. So kommt es nicht alleine darauf an, über welches Fachwissen verfügt wird, denn durch explizites Lernen entsprechender Schriftstücke kann sich das Wissen leicht angeeignet werden. Vielmehr kommt es auf den Erwerb einer bestimmten Sprache an, auf die Art und Weise, wie Kommunikationsprozesse ablaufen (Vgl. Wolff.2014, S 46f.).

Was bedeutet das? Vereinfacht ausgedrückt sagt eine formelle Qualifikation einer Führungskraft alleine noch nichts über ihre Führungskompetenzen aus. Fachwissen kann man sich aneignen, indem man entsprechende Literatur liest oder theoretisch Erlerntes in der Praxis anwendet und über die Erfahrung eine Routine entwickelt. Vielmehr geht es hier um das „wie“. Wie vermittelt die Führungskraft Informationen an ihre Mitarbeiter*innen, wie transparent und klar trifft sie Entscheidungen, wie macht sie Wissen für alle zugänglich, wie unterstützt sie ihre Mitarbeiter*innen in der jeweiligen Entwicklung und wie sehr ist sie menschlich für ihre Mitarbeiter*innen insbesondere in Krisen da. Wie nimmt sie sich selbst in ihrer hierarchischen Führungsfunktion wahr, in welchem Maß ordnet sie gar die Hierarchie dem Fachwissen aller Organisationsmitglieder unter, für welche Werte steht sie ein etc.

Zusammenfassend ist es von zentraler Bedeutung, wie die Führungskraft ihre Führungs-und Leitungsrolle wahrnimmt und umsetzt. Dabei nimmt sie unweigerlich im Organisationssystem eine tragende Vorbildfunktion ein. An ihr wird sich orientiert, auf sie beruft man sich, sie trifft Entscheidungen und sie übernimmt letztlich die Verantwortung für ihren Führungsbereich. Das tut im übrigen jedes Organisationsmitglied für seinen Verantwortungsbereich. So haben Pädagog*innen oftmals eine Fallführung inne und sind maßgeblich dafür verantwortlich, den Fall erfolgreich und zielorientiert zu steuern. Andere haben eine Projektverantwortlichkeit übernommen und sind für die Umsetzung verantwortlich, wiederum andere haben die Aufgabe, Vorschlukinder adäquat auf die Schule vorzubereiten und gut durch den Übergang Kita-Schule zu führen. Und wiederum andere haben eine Fach- und Dienstaufsicht für viele Mitarbeiter*innen.

Einigkeit und Einheitlichkeit wie Führung von den Organisationsmitgliedern ausgelebt wird, sind für eine Führungs-und Organsationskultur dabei prägende Faktoren. Fehlerfreundlichkeit, Vorbild sein, transparente Kommunikation, respektvoller Umgang, Feedback einholen, Entscheidungen treffen etc. sind nur einige, wenige der wichtigen Themen, die in Form eines Führungsgrundverständnisses nicht nur niedergeschrieben, sondern verinnerlicht gelebt werden müssen. Denn erst ein gemeinsames Werte-Verständnis und eine einheitliche Haltung darüber, wie Werte gelebt werden, gibt der Organsation die persönliche Handschrift, mit der sich wiederum die Organisationsmitglieder identifizieren (wollen) bzw. alle Führungskräfte identifizieren müssen. In jeder Organisation, ausdrücklich in größeren Entwicklungsprozessen, sollte daher ein gemeinsames Führungsgrundverständnis zu Grunde liegen, was lebhafte Anwendung findet und gleichzeitig die Basis für jede Neuausrichtung bildet.

Um etwas aus Überzeugung zu tun, bedarf es einer stetigen Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Thema, aus der man eine Haltung entwickelt und diese auslebt. Manchmal muss man sich die Zeit dafür nehmen.

Literatur:

  1. Maier, Prof.Dr. Günter W., Führung, 2022; https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/fuehrung-33168, 28.01.22
  2. Wolff, Prof. Dr. Stephan, Sozialwissenschaftliche Grundlagen des Organisierens. Grundlagentext von Prof. Dr. Stepahn Wolff, aus: organization studies, Theorien des Organisierens, Prof. Dr. Heiko Roehl, Hildesheim, 2014)