Am vergangenen Freitag, 11. Juni, wurde kurzfristig vom Bremer Senat ein Kinder-Corona-Gipfel einberufen. Ziel des digitalen Zusammenkommens: Die physischen und psychischen Auswirkungen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche sollten interdisziplinär beraten werden. Geladene Teilnehmer*innen waren Vertreter*innen aller Bürgerschaftsfraktionen, der Verwaltung sowie von Verbänden und Trägern aus dem Schul- und Kindergesundheitsbereich, der Wohlfahrtshilfe, der Kinder- und Jugendhilfe, Elternvertretungen, Schülervertretungen und übergreifende Gremienvertreter*innen.
Ausgewählte Expert*innen aus Bremen und Bremerhaven – aus Verwaltung, Politik und Praxis – waren geladen worden, um aus ihrer Perspektive zu berichten und Impulse einzubringen.
Stefan Kunold, langjähriger Leiter des Hans-Wendt Quartiersbildungszentrums (QBZ) Blockdiek, war einer von ihnen. Er berichtete im Rahmen dieses ersten Gipfels zum Thema aus der Praxis im Quartier und gab den Teilnehmenden einen Einblick darin, was die Corona-Beschränkungen insbesondere für Eltern und ihre Kinder bedeuten. Welche Problemlagen gibt es? Wo besteht Unterstützungsbedarf? Was sind erste Lösungsansätze?
Einige Auszüge aus dem Impulsbeitrag von Stefan Kunold haben wir im Folgenden zusammengestellt. Eine zweite Konferenz zum Thema ist seitens des Senats für September geplant.
„Corona ist über die Eltern und Kinder hereingebrochen – teilweise haben die Eltern die Art der Bedrohung gar nicht vollständig verstanden und somit auch nicht erklären können. Diese Mütter und Väter fühlen sich ausgeliefert. Viele Hilfs- und Unterstützungsangebote wurden mit Beginn der Pandemie eingestellt. Zu den sowieso in unseren Quartieren bekannten geringen Möglichkeiten, ihre Kinder gut zu fördern und individuell auf sie einzugehen, kamen vermehrt Existenzsorgen.
Was uns zudem beunruhigt: Wir stellen fest, dass viele Kinder lethargisch oder antriebsarm sind. Sie sind unsicher – haben den Mangel an Anregungen erlernt und empfinden dies jetzt als ‚normal‘. Auch körperlich sind die Anzeichen wahrzunehmen: Viele haben zugenommen und bewegen sich teils deutlich schlechter. Einige möchten nicht mehr in die vorher beliebten Gruppenarbeiten – ‚geht das nicht auch online?‘ sind Fragen, mit denen wir derzeit konfrontiert sind.
Gleichzeitig gibt es aber auch die Kinder, die jetzt ausnahmslos alles aufsaugen, Hauptsache irgendwas. Eltern kommen derzeit vorsichtig auf uns zu. Sie sind noch unsicher: Was ist erlaubt? Gibt es wieder Angebote, die wir nutzen dürfen? Dem begegnen wir im QBZ Blockdiek mit vielseitigen und sofort verfügbaren Spiel-, Freizeit- und Förderangeboten für Kinder und ihre Familien, die leicht, einladend, niedrigschwellig und vertrauenswürdig sind. Kinder und Eltern sollten angenehme Orte neu entdecken können – Bremen neu erkunden – raus aus der online-Blase. Ebenso stellen wir niedrigschwellige Gesprächsangebote zur Verfügung: Wie geht es euch, wie habt Ihr die Zeit verlebt, was steht jetzt für Euch an – zur Entlastung, als wegweisende Beratung in Angebote, als Einstieg in weitergehende Beratung oder weitergreifende Interventionen – wie therapeutische Hilfen, wo angebracht.
Unserer Erfahrung nach sind in benachteiligten Gebieten Misch-Angebote erfolgversprechend: Sport und Reden, Ausflug und Reden, Nähen und Reden. Deutschlernen und Reden. Und Reden nicht als schnacken, sondern mit kleinen professionellen Tools, wie kannst Du Dir helfen, wie kann ich Dir helfen – wie ist es Dir gegangen – was steht jetzt für Dich an?
Maßnahmen sind jetzt wichtig, nicht erst nächstes Jahr! Unterstützen Sie daher auch alle bestehenden Initiativen vor Ort, wo sich unterschiedliche Professionen / Einrichtungen zusammenschließen und ihre Kompetenzen nutzen, um ihre Zielgruppen zu erreichen – und die dies schnell und unkompliziert umsetzen können. Lassen Sie uns stärken und ausweiten, was es vor Ort schon gibt und was schnell zur Verfügung steht!“